
Bischofsblog – Verbunden mit Gott
- On 3. Juli 2018
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Bei der Ankündigung des Planes Gottes spricht der Engel Maria als „Begnadete“ an und sagt zu ihr, sie habe bei Gott „Gnade“ gefunden.
Was bedeutet das? Es ist gut, darüber nachzudenken. Wir entdecken dabei etwas, das unser eigenes Leben zutiefst betrifft.
Maria war offenkundig „begnadet“, mit besonderen Gaben ausgestattet. Der Glaube der Kirche sagt uns, dass sie in Hinblick auf die Aufgabe, die ihr zugedacht war, von Anfang an vor aller Sünde bewahrt wurde. In ihr gab es nichts Böses. Das können wir uns gar nicht richtig vorstellen, denn in jedem Menschen, in uns allen, gibt es einen inneren Zwiespalt. Wir haben nicht nur positive Neigungen, und manchmal geben wir nach.
Besteht also ein abgrundtiefer Unterschied zwischen Maria und uns? Ja und nein.
Das Besondere an Maria ist, dass sie von Anfang an und immer, bis zum letzten Augenblick ihres Lebens, der von Gott empfangenen „Gnade“ entsprochen hat. Es wäre eine falsche Vorstellung von „Begnadet-Sein“, wenn die von Gott empfangene „Gnade“ so wirkte als wären unser Mittun, unsere Bereitschaft, uns entsprechend zu verhalten, nicht nötig. Das II. Vatikanische Konzil hat ausdrücklich betont, man dürfe beim Ja-Wort Mariens zur Botschaft des Engels die Bedeutung der Freiwilligkeit ihrer Antwort nicht unterschätzen. Gerade so war sie von Anfang an ganz eins mit ihrem Sohn, der in die Welt gekommen ist, um den Willen dessen zu erfüllen, der ihn gesandt hat, und sie blieb immer eins mit ihm, auch am Fuße des Kreuzes.
Wir dagegen laufen – auch wenn wir noch so viele „Gnaden“ empfangen haben – immer Gefahr, dass wir unser Ja-Wort verweigern oder, wenn wir es gegeben haben, zurücknehmen, wir werden schwach, entgegen dem Willen Gottes.
Trotzdem entsteht eine gewisse Ähnlichkeit mit Maria. Auch wir können nicht in gleicher Weise, aber doch irgendwie ähnlich zu ihr „begnadet“ werden und „Gnade“ empfangen, wenn wir an Jesus, den sie zur Welt gebracht hat, glauben, auf ihn hören und uns mit ihm, der – wie Paulus sagt – „Himmel und Erde versöhnt hat durch sein Blut“, vereinen.
Was bedeutet also „Gnade“?
Ich finde recht gut die Antwort, die im YouCat gegeben wird: „Unter Gnade verstehen wir die freie, liebevolle Zuwendung Gottes zu uns, seine helfende Güte, die Lebenskraft, die von ihm kommt“. Und dann heißt es: „Durch Kreuz und Auferstehung wendet sich uns Gott ganz zu und teilt sich uns in der Gnade mit. Gnade ist alles, was Gott uns schenkt, ohne dass wir es im Geringsten verdienen“ (Nr.338).
Und was bewirkt sie? „Sie macht uns fähig, in der Liebe Gottes zu leben und aus dieser Liebe heraus zu handeln“ (ebenda 339).
Durch die Taufe erlangen wir Anteil am Leben Jesu. Wir werden „begnadet“. Tod und Sünde werden überwunden durch die Teilnahme am Sterben und an der Auferstehung Jesu. Es entsteht eine Verbundenheit mit Christus, dem Priester, Propheten und König und führt zu einer durch ihn verankerten Beziehung mit Gott. Diese „Taufgnade“ wird genährt und bestärkt durch den Empfang der Eucharistie und, wenn sie verloren gegangen ist durch die Sünde, kann sie erneuert werden durch den Empfang des Bußsakramentes. Alle Sakramente vertiefen die Beziehung zu Christus und damit zu Gott, sie verleihen auch „helfende Gnaden“ (Ehesakrament und Priesterweihe).
Und wie erfahren wir diese „Gnade“? Wir werden froh und zuversichtlich, wenn wir sie empfangen, denn wir wissen uns mit Gott verbunden. Wir werden in unserem Bemühen bestärkt, denn wir dürfen sicher sein: Jesus ist mit uns, steht uns bei. Noch mehr: Er schenkt sich uns, sodass wir mit ihm ganz eins sein können.
Daher ist es etwas ganz Großes zu entdecken, dass wir von Gott „Gnade“ empfangen, dass Gott selbst uns beisteht. Und wenn wir uns bemühen, Ihn wirklich zu lieben, indem wir an seinem Wort festhalten, dürfen wir erfahren, dass der Vater uns liebt, ja, Gott Wohnung bei uns nimmt (vgl Joh 14,23). Möge es uns gegeben sein!
Bischof em. Dr. Klaus Küng, St. Pölten
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