
Bischofsblog – Das Prinzip Mut
- On 18. Juli 2018
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- Katechese
Wenn in der Bibel die Jünger mit Jesus auf dem See Genezareth unterwegs sind, ist eine Gefahrensituation meistens schon vorprogrammiert. Und Gefahr bedeutet Angst. Ganz besonders deutlich wird das in der bekannten Szene vom Sturm auf dem See (Mk 4,35-41): Das Boot der Jünger gerät in ein großes Unwetter, es droht zu kentern. Die Wellen, die ins Boot schwappen, stehen hier für den Zweifel und die Angst der Jünger. Das Hin- und Herschaukeln des Bootes ist an dieser Stelle ein Bild für die innere Bewegtheit, für Unentschlossenheit und Verunsicherung.
Und was macht Jesus in dieser Situation der Angst und Bedrohung?
Er liegt ganz hinten im Boot und schläft. Erst als ihn die Jünger aufwecken und mit dem drohenden Untergang konfrontieren, befiehlt er dem Sturm, sich zu legen. Und der Sturm legt sich. Das ist doch bemerkenswert. Genauso bemerkenswert ist, dass einer der wenigen Sätze Jesu, den uns der Evangelist von dieser Szene überliefert, ist:
„Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“
Schroff und verständnislos wirken diese Worte. Jesus steht den Jüngern in ihrer Angst nicht bei, er tadelt sie – doch warum? Sind Glaube und Angst denn wirklich ein Widerspruch? Darf, wer glaubt, keine Angst haben? Jesus sagt ja im Prinzip: Wer schon zum Glauben gefunden hat, hat keine Angst mehr. Ich persönlich aber spüre gerade in dieser Szene eine große Sympathie mit den Jüngern: Wer von uns würde nicht Todesängste ausstehen, wenn unser Schiff mitten im Sturm zu kentern droht? Das ist doch nur normal, doch nur menschlich.
Schauen wir aber auch in einen anderen Evangelientext, der ein neues Steinchen zu unserem Mosaik dazulegt. Im bekannten Gleichnis von den Talenten (Mt 25,14-30) kommt der dritte Diener zu seinem Herrn und gesteht ihm, dass er nicht so wie die anderen das ihm anvertraute Geld investiert und vermehrt hat. Vielmehr hat er „aus Angst“ (25,25) vor dem strengen Herrn das Geld vergraben.
„Angst ist ein schlechter Ratgeber“,
so lautet ein häufig gebrauchter Spruch. Im Fall des vergrabenen Talents scheint er zuzutreffen. Denn die Angst flüstert dir dann ein: Wage und riskiere nichts mit den Talenten, die du geschenkt bekommen hast.
Angst hindert dich daran, dass du dich und deine Fähigkeiten weiterentwickelst.
Das Gleichnis von den Talenten ist eine Aufforderung, dich nicht ängstlich, aber vertrauensvoll und wagemutig ins Abenteuer Leben zu stürzen.
Schon diese beiden Gleichnisse aus der Bibel zeigen uns:
Angst ist nicht gleich Angst.
Im Gegenteil, sie ist in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich zu bewerten.
Einmal warnt sie vor Gefahren (wie im Gleichnis vom Sturm auf dem See) ein anderes Mal ist sie lebenshemmend (wie im Gleichnis vom vergrabenen Talent).
Einmal ist sie ganz menschliches Gefühl, dann eine Haltung, die das eigene Handeln einengt und bremst.
Und jetzt fragen wir uns einmal ganz offen und ehrlich: Woher kommt unsere, woher kommt deine Angst vor dem Wagnis? Was hemmt dich, einen neuen Schritt im Leben zu wagen?
Wovor hast du Angst – im Leben und im Glauben?
Der Glaube an Christus will dich stärken für dein Leben und dir die Angst nehmen. Deshalb ist Jesus wohl auch so hart mit der Angst seiner Jünger ins Gericht gegangen. Er will zeigen, worauf es ankommt: nicht auf Angst, sondern auf Mut. Mut ist ein anderes Wort, ich glaube sogar ein Schlüsselwort für den Glauben. Ein hoffnungsvoller Lebensmut macht deutlich, dass Glaube Entscheidung, Tat und Wagnis ist.
Glaube ist eine Sache des Mutigen.
Glaube ist die Annahme eines Risikos. Wer glaubt, wagt und hofft immer mehr, als man sehen kann. Glaube gibt dir den Mut, auf alles zu hoffen – nämlich auf Gott. Überall dort, wo du trotz aller Enttäuschungen und Untergangsängsten mutig deinen Herausforderungen entgegensiehst, wirst du gestützt vom Heiligen Geist. Jesus zeigt dir, dass die Angst vor Finsternis, Untergang und Tod nicht das letzte Wort haben darf. Hab deshalb auch keine Angst vor Fehlern. Denn Christus sagt dir, dass du Mut haben sollst, um Vergebung zu bitten; Mut, um neu anzufangen; Mut, um in aller Angst und allem Zweifel das Ja Gottes zu dir zu hören.
Am Ende noch ein Impuls zum Nach- und Weiterdenken: Ein großer Denker hat sinngemäß einmal gesagt:
Glaube ist ein Sprung in den Abgrund in der Hoffnung, von der Hand Gottes aufgefangen zu werden.
Lies dazu Mt 14,22-33 („Der Gang Jesu über dem Wasser“) und vergleiche diesen Gedanken mit dem Handeln des Petrus: Wärst du dazu bereit?
Bischof Dr. Benno Elbs, Feldkirch
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