
Selig die Trauernden
- On 1. Dezember 2015
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- Bischof, Ludwig Schwarz, Selig, Seligpreisungen, trauer, trauernden
Liebe Jugendliche,
Trauer begegnet uns in vielen Momenten unseres Lebens und in unterschiedlichsten Formen. Zerbrochene Freundschaften, Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz, der Verlust von etwas Liebgewonnenen, ja der Tod von lieben Menschen. Traurigkeiten brechen oft unvermittelt in unseren Alltag ein, reißen eine Lücke in unser Bild von einer Welt, wie wir sie gerne hätten. Trauer kann zu schweren Sinnkrisen und zu seelischen Krankheiten führen.
Trauer ist etwas Unerwünschtes – wie kommt Jesus dazu, dass er sagt: „Selig die Trauernden“? Für sich betrachtet ist diese Aussagen doch geradezu paradox, ja zynisch, und entspricht nicht unserem Empfinden! Wie kann man jemanden beglückwünschen, der trauert? Was meint also Jesus, der wie wir Mensch war und dem nichts Menschliches fremd war, damit? Es ist wichtig, dass man sich den zweiten Teil dieser Seligpreisung genauer ansieht: „Selig die Trauernden – denn sie werden getröstet werden“. Gott will also die Trauer in Trost verwandeln und das ist die wesentliche Aussage. Jesus geht es in seiner Botschaft immer um das Reich Gottes. Um die Anwesenheit Gottes in unserer Welt, die für die, die daran glauben, erkennbar und spürbar ist. Das Reich Gottes ist anfanghaft da, aber noch nicht vollendet. Deshalb gibt es ja so etwas wie Trauer noch. Aber die Vision, die Jesus hat, ist eine andere. Wenn Gottes Herrschaft zur Gänze eintritt, dann wird es keinen Grund der Trauer mehr geben, ja auch „der Tod wird nicht mehr sein“ (Offb 21,4). Jesus sagt also nicht, dass alle Trauernden eigentlich glücklich zu schätzen sind, sondern vielmehr, dass es Gottes Bestreben ist, die Trauer gegenstandslos zu machen. Jesus sagt also aus, dass die Traurigkeiten dieser Welt nicht Gottes Wille sind. Jesu Seligpreisung ist somit eine Hoffnungszusage an uns alle, wenn wir vor Trauer nicht mehr ein und aus wissen.
Wie kann uns diese Grundaussage im Hier und Jetzt weiterhelfen? In den Seligpreisungen geht Jesus auf das ganz konkrete Leben und die Empfindungen der Menschen ein. Sie haben Allgemeingültigkeit und betreffen uns heute noch genauso wie die Menschen vor 2000 Jahren. Auch damals schon hofften die Menschen auf ein Ende der von Gott ungewollten Zustände. Das Reich Gottes ist noch nicht vollends da, aber schon in Anfängen, so verspricht es uns Jesus. Und auch das gilt für heute: Gott sagt uns seine Nähe zu und will, dass wir mithelfen, dieses Reich Gottes immer mehr Wirklichkeit werden zu lassen. Wenn Jesus also sagt „Selig sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden“, dann ist das ein ganz klares Signal an uns, in welche Richtung unser Engagement gehen muss. Gottes Wille ist nicht die Trauer, sondern der Trost! Es liegt auch an uns Christinnen und Christen, dort wo wir können, Wege aus der Trauer aufzuzeigen.
Liebe Jugendliche, die ihr schon mit viel Vorfreude dem Weltjugendtag in Krakau entgegenblickt: Habt ein wachsames Auge gerade für junge Menschen, denen die Trauer ins Gesicht geschrieben steht. Sucht den Kontakt, das Gespräch mit ihnen. Oft genügen kleine Gesten der Aufmerksamkeit, um hier andocken zu können. Die ehrliche offene Beziehung zu einem anderen Menschen ist immer ein erster Weg aus der Traurigkeit heraus. Sucht diesen ersten Kontakt und wartet nicht darauf, dass ihr angesprochen werdet. Fragt nach dem Grund der Trauer. Auch wenn ihr nicht die Ursache der Trauer beseitigen könnt: Indem ihr die Trauernden ernst nehmt und eure Nähe anbietet, könnt ihr neue Blickwinkel, Lichter am Ende des Tunnels, eröffnen. So wirkt ihr mit am Aufbau des Gottesherrschaft. Vielleicht gelingt es euch ja, in den Vorbereitungen für den Weltjugendtag in Krakau, diese Seligpreisung Jesu als Anlass zu nehmen um zum einen die eigenen Traurigkeiten bewusster anzusehen, sie zuzulassen und trotzdem offen zu bleiben für den angebotenen Zuspruch. Zum anderen aber auch selbst ein Bote der Hoffnung zu sein, dass Gott uns in unserer Trauer trösten will und wird.
Bischof Ludwig Schwarz
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